… kennen wir alle – aus dem Fernsehen. Der Kommissar beugt sich über die Leiche, die gerade vom Rechtsmediziner untersucht wird. „Todeseintritt?“ fragt der Kommissar knapp. „Zwischen 23.00 und 23.15 Uhr“ antwortet der Doc. Im Hintergrund sieht man eine Person im Schutzanzug, die eifrig mit Rußpulver pinselt.
Die Realität sieht anders aus. Am Tatort eines Kapitalverbrechens sind ausnahmslos alle Ermittler und Kriminaltechniker und auch die Rechtsmediziner mit einem sog. Vollschutz ausgestattet. Dazu gehören der weiße Einmaloverall m. Kapuze, der Mundschutz, Handschuhe und Überzieher für die Schuhe. Jede Kontamination des Tatortes insbesondere mit DNA und/oder Textilfasern muss vermieden werden. Der Tatort ist ein wesentlicher Ausgangspunkt für Ermittlungen. Er sorgt für Beweise, kann Aufschluss geben über den Tathergang, ermöglicht die Rekonstruktion des Tatgeschehens, liefert Hinweise auf den möglichen Täter sowie Ermittlungsansätze für Zeugen und weitere Sachbeweise.
Voraussetzung dafür ist, dass er in seinem Ursprung erhalten bleibt, d.h. spätestens mit Eintreffen der Polizei muss er in diesem Zustand konserviert (eingefroren) werden. Bis dahin sind (leider) schon etliche Veränderungen möglich, die die Ermittlungen erschweren können: Der Täter selbst kann den Tatort nach seiner Tat manipuliert haben, um die Ermittler auf eine falsche Fährte zu locken (Fingierung). Das Opfer, Unbeteiligte oder Berechtige (Ersthelfer, Angehörige pp.) nehmen Veränderungen vor und legen damit sog. Trugspuren, die im ersten Moment von echten Spuren nicht zu unterscheiden sind. Manchmal sind solche Trugspuren nicht zu vermeiden, denn Erste Hilfe hat natürlich Vorrang. Aber selbst in solchen Fällen kann man mit einer schnellen Dokumentation des Erstzustandes hilfreich agieren. Auch technische Einflüsse (Feuer, Straßenverkehr o.ä.) oder Witterungsbedingungen (Regen, Wind) können den Tatort verändern.
Am Tatort eines Kapitalverbrechens gelten ein paar Grundregeln, die auch auf andere Tatorte übertragbar sind.

  • In jeder Hinsicht Ruhe bewahren
  • Sofort die zuständigen Stellen benachrichtigen
  • Tatort freimachen und größtmöglich absperren
  • Unberechtigte vom Tatort fernhalten
  • Sofort Trampelpfad festlegen (z.B. für den Notarzt)
  • Nicht verändern, nichts benutzen (Telefon, Toilette pp.)
  • Nichts anfassen, nichts ablegen oder wegwerfen (nicht rauchen, essen oder trinken)
  • Personalien und Erreichbarkeiten anwesender / eintreffender Personen notieren
  • Wesentliche Einzelheiten sowie evtl. Veränderungen sofort festhalten (dokumentieren)
  • Keine Vermutungen äußern

Besonders bitter ist, wenn diejenigen, die es wissen müssen, sich nicht daran halten oder aus Unachtsamkeit den Tatort verändern. Sollte dies einmal passieren, muss das unbedingt offengelegt, also dokumentiert werden.

Und übrigens: So präzise Todeszeitbestimmungen wie die im Fernsehen sind auch unrealistisch.